R129 Hinterachse ist ein paar kritische Blicke wert

HA-Revison 500SL -Teil 1-

Hallo,

ich dachte ich berichte mal über die Hinterachsrevision an einem R129, nicht meiner, den ich (wir) gerade in der Werkstatt operieren.

Das wird eine Fortsetzungsgeschichte, je nach Fortschritt der Arbeiten.

Der SL ist ein 129067 SL500 aus 1993, hat rund 150.000km auf der Uhr und wurde ca. 130.000km davon ganzjährig gefahren. Inzwischen wird er nur noch in der Saison von 4-10 gefahren.

Der Besitzer hatte mir das Auto gebracht, damit ich mal schaue, ob es Baustellen gibt, die man mal machen sollte.

Teil 1 Bestandsaufnahme:

Bilder sagen mehr als 1000 Worte. Das ist der Patient.

Wie man sehen kann, hat die braune Pest dem SL ganz schön zugesetzt. Der Auspuff hatte wohl beim Vorbesitzer schon seine Probleme und wurde „fachmännisch“ geflickt. Die Flicken lösen sich allerdings auch schon wieder auf. Die Probe mit einem Schraubendreher hat Klarheit gebracht. Lebensende erreicht.

Die Stoßdämpfer von Bilstein für AMG hergestellt entsprechen den Bilstein B6 und sind gut angerostet und haben einen leichten Ölfilm.

Die Bolzen im linken Radlauf sind alle abgerissen, obwohl ja nur eine Kunststoffmutter benutzt wurde. Auf der rechten Fahrzeugseite ist keiner der Bolzen abgerissen. Eine Erklärung habe ich dafür aber nicht. Die Lager der Hinterachse (Tonnenlager) sind in Auflösung begriffen. Die Lager der verschiedenen Streben sind ebenfalls angegriffen. Die Lager der Federlenker am Achsschenkel sind nur noch letzte Reste, wie man im folgenden Video erkennen kann.

Beim Ausbau der Hinterachse sind dann die Tonnenlager in ihre Einzelteile zerfallen und die Buchsen, die eigentlich fest in den Gummilagern sitzen sollten, sind dabei an den Aufnahmen der Karosserie verblieben. Die Schraube des rechten vorderen Tonnenlagers ist ebenfalls abgerissen, obwohl wir massiv mit Rostlösern gearbeitet hatten. Der Rost hat auch dem Hinterachskörper zugesetzt, wie stark müssen wir erst noch freilegen und können dann entscheiden, was damit passieren muß.

Die karosserieseitigen Aufnahmen der Hinterachse sehen besser aus als wir zunächst vermutet hatten. Trotzdem werden wir sie freilegen und entrosten. Ob und wieviel Rost es unter dem Lack gibt werden wir noch feststellen.

Die Bremsleitungen, vor allem aber die Kraftstoffleitung zur Standheizung sind in einem Zustand, der den Ersatz nahelegt. Jetzt gilt es herauszufinden, ob die Leitungen noch verfügbar sind.

Das gilt natürlich auf für alle anderen Teile. Speziell die Tonnenlager sind im Moment weder von MB noch den namhaften Zubehörlieferanten verfügbar. Es könnte sein, daß wir Polyurethan-Lager einsetzen müssen, die scheinbar noch verfügbar sind.

Das war einmal die Bestandsaufnahme.

Update und Status 23.1.2021

Die Hinterachse ist auseinander und die Teile liegen jetzt einzeln in der Halle herum. Insgesamt zeigten sich wieder dieselben Probleme wie bisher, heißt die Schrauben sind in einem erbärmlichen Zustand, allesamt an- und verrostet. Am schlimmsten aber ist die übermäßige Verwendung von Loctite superfest. Das erschwert den Fortschritt schon erheblich.

Wenn man die Detailbilder deines Achsträgers genau anschaut, wird man feststellen, daß sich die braune Pest im Wesentlichen auf die Schweißnähte konzentriert hat. Wir haben den Eindruck, ohne den Rost entfernt zu haben, daß ein paar Schweißnähte schon eingerissen sind.

Wir sind beide der Meinung, bei unserem Auto würden wir den Träger neu machen bzw. einen überholten Träger verwenden. Im eBay habe ich schon überholte für rund 750€ gesehen.

Alternativ käme natürlich auch eine Überholung des alten Trägers in Frage. Wenn man ihn entrostet, also blank macht, schweissen lässt und danach grundiert und neu lackiert, hätte man sicherlich Geld gespart. Wir haben keine Möglichkeit selbst zu schweissen, deshalb machen lassen.

Ich denke wir sollten die Zeit investieren und den Träger komplett entrosten und die Nähte genau zu inspizieren. Es könnte ja auch sein, daß nur die Beschichtung/Lackierung gerissen ist und das entrosten schon ausreicht. 

Das war’s für heute.

Update 5.3.2021

Es ist leider etwas Zeit ins Land gegangen seit dem letzten Update. Der Verzug ist auf ein paar Probleme außerhalb der Werkstatt zu suchen, die leider noch immer nicht überwunden sind. Trotzdem ging es langsam weiter.

Wenn an einem Fahrzeug mit so viel Rost keine Schraube vernünftig zu lösen ist und Standardwerkzeuge zum Ausziehen von Lagern nicht mehr benutzt werden können, wird es schwer schnelle Fortschritte zu machen. Im Vergleich zu meinem rostfreien Exemplar aus Japan ist das hier schon eine andere Schwierigkeitsstufe. So dauert gefühlt alles mindestens 3mal so lange, obwohl wir eigentlich wissen was wir tun.

Den Unterboden im Bereich der Hinterachse haben wir weitestgehend vom Rost befreit und für die Schweissarbeiten vorbereitet. Der Bereich um die vorderen Achsaufnahmen bedarf vorher noch einer Sonderbehandlung. Die anderen Bereiche sind im Prinzip nur oberflächlich betroffen, trotzdem muss an der einen oder anderen Stelle verstärkt werden.

Am Achskörper waren die beiden Differentiallager und die vier Tonnenlager auszubauen. Wir hatten extra das benötigte Spezialwerkzeug besorgt und konnten es dann nicht verwenden. Warum? Weil die hinteren Lager schon so kaputt waren, daß nur noch Gummi vorhanden war. Das normalerweise vorhandene Innenteil aus Metall war beim Ausbau an der Aufnahme geblieben. Eigentlich ist das Teil fest mit dem Gummi verbunden. Der Auszieher hat sich dann wunderbar durch die Gummireste gezogen, aber leider blieb die Lagerschale trotzdem drin. Die Dremel-Trennscheibe musste dann den Rest erledigen. Die vorderen großen Tonnenlager haben sich dann als noch zäher herausgestellt. Auszieher ohne Wirkung. Nachdem wie 13mm Gewindestange zum dritten Mal abgerissen war, haben wir zur Säge gegriffen und uns von innen nach aussen gearbeitet, Dabei hat sich gezeigt, dass das metallische Innenleben auf beiden Seiten schon mehrfach gebrochen war. Dann war der große Hammer und der große Durchschlag gefragt um den Rest des Lagers aus dem Bett zu bekommen. Die Differentiallager waren dagegen ein Kinderspiel. Innenteil des Lagers mit dem Auszieher herausdrücken und die festgerostete Schale mit dem Dremel aufsägen und entfernen. Nach netto 8 Stunden Arbeit war der Achskörper dann endlich fertig zum sandstrahlen, nachschweißen und lackieren.

Speziell an den Kanten wo zwei Bleche zusammen geschweisst wurden, zu sehen unterhalb der Bildmitte rechts, hat die braune Pest den Unterbodenschutz großflächig unterwandert. Wir haben auch diese Kanten freigelegt und werden sie nachschweißen. Und weil das genau der Bereich unter der Rückbank ist, durften wir auch den Innenraum ausräumen und den Tank freilegen, damit wir keine feurigen Überraschungen erleben oder Steuergeräte grillen.

Update 21.5.2021

Unterboden entrostet, mit Rostumwandler behandelt, grundiert, in schwarz lackiert

Den Unterboden haben wir genauestens untersucht und konnten Entwarnung geben. Es war nichts durchgerostet, fast alles nur oberflächlich. An zwei Stellen musste ein kleines Reparaturblech eingeschweißt werden. Die angerosteten Falze wurden ebenfalls geschweisst.

Wir haben dann mit Rostumwandler behandelt, grundiert und in Schwarz lackiert.

Achskörper entrostet (gestrahlt), Kontrolle, Zinkgrundierung, schwarz gepulvert; Differential entrostet und schwarz lackiert

Wir waren nicht sicher, ob die Schweißnähte des Hinterachskörpers gerissen oder durchgerostet waren. Nach dem Strahlen war dann aber klar, daß soweit alles ok ist und der HA-Körper weiter verwendet werden kann.

Antriebswellen, eine Seite Manschetten gewechselt und neu gefettet, andere Seite erneuert

Die Demontage der Achswellen vom Differenzial war ein größerer Akt. Die Schrauben waren so fest, daß uns zwei Inbus-Schlüssel gerissen sind. Erst die teuren verstärkten Hazet-Teile in Verbindung mit Wärme aus dem Heißluftfön haben dann die Schrauben gelöst.

Das mittlere und das rechte Bild zeigen neben Rost auch hellrote Rückstände, die uns nichts Gutes ahnen ließen. Es sollte sich herausstellen, daß die Antriebswelle wohl ein oder mehrere Male sehr heiß geworden waren. Das führte zur Verflüssigung des Gelenk-Fetts und in der Folge zur Mangelschmierung der Gelenke. Auf der Diffferentialseite haben wir dann neben den sichtbaren Laufspuren der Kugeln auch Späne gefunden, die auf dem Bild auch zu sehen sind. Dass das Gelenk extrem schwergängig war, muss ich wohl nicht mehr wirklich erwähnen. Wir haben uns dann entschieden, die Welle durch ein Neuteil zu ersetzen. Die andere Seite war ok und wird weiter verwendet.

Achsschenkel, entrostet,Zinkgrundierung, schwarz gepulvert, Radlager neu eingepresst, Bremsankerbleche erneuert, Radnabe eingepresst; Achskörper, alle Lager neu eingepresst

Hier darf ein Bild für sich sprechen. Wobei ich gestehen muss, daß wir die Lager am HA-Körper nicht selbst eingepresst haben, sondern vom Freundlichen haben einpressen lassen. Das war uns die 70€ wert. Radlager und Naben haben wir selbst eingepresst. Die Bremsankerbleche sind neu , weil die alten Bleche vom Rost angefressen waren.

FORTSETZUNG siehe Beitrag HA-Revision 500SS -Teil2-

2 Kommentare Gib deinen ab

  1. Holger Stierle sagt:

    Hallo Carlos,
    wünsche noch ein gutes neues Jahr.
    Nach 25 Jahren Träumen ist seit letztem Jahr ein SL320 Bj. 96 unser neues Familienmitglied.
    Er ist eigentlich gut in Schuss und ich / mein Sohn möchte ihn noch lange behalten.
    Technisch traue ich mir was zu und wir haben diesen Winter die ZKD gewechselt. Ich denke aber, dass noch ähnliche Überholungen wie an deinem SL anstehen. Da ich aus der Nähe komme (Weil der Stadt / Merklingen) habe ich eine Bitte… : Kannst du dir mit deiner SL- Erfahrung unseren SL anschauen (probefahren?) und mir nur sagen was dir auffällt und ich in Angriff nehmen sollte?
    Vielen Dank

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    1. carlo1606 sagt:

      Hallo Holger,
      Schick mir doch mal ne eMail-Adresse.

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